Smartphone
AUS BREIT MACH SCHMAL
Blackberry, aber bitte schön
Von Matthias Kremp
Der Blackberry mag ein Werkzeug mit Kultpotenzial sein, schön aber war
er nie: quadratisch, praktisch, gut kam er daher - und schien als
Herausforderung an die Hersteller von Jacket-Innentaschen konzipiert.
Beim neuen Modell Pearl ist das anders. Siehe da: Blackberry gibt es nun
auch elegant.
ImageImageANZEIGE
ImageWer hätte das gedacht: Da können die Entwickler des kanadischen
Unternehmens Research In Motion, kurz RIM, doch tatsächlich auch etwas
wirklich Hübsches produzieren. Wer schon mal eines der normalen
Blackberry-Modelle in Händen hielt, weiß, wie das gemeint ist.
Schließlich hielt sich das Design früherer Blackberrys streng an den
Leitspruch von der Form, die der Funktion folgt. Umso größer das
Erstaunen beim Auspacken des neuen Blackberry Pearl. Schlank ist er,
schwarz und schön leicht. So gar nicht wie seine älteren Brüder, denen
man ihre Bestimmung als mobile Büromaschinen immer ansah.
Blackberry Pearl: Zur Abwechslung schön
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Tatsächlich glaubt man auf den ersten Blick, ein ganz normales
Mobiltelefon in Händen zu halten. Der Blackberry Pearl 8100 hat die
typische Kastenform, einen Satz Tasten unter dem Display und auf der
Rückseite ein Objektiv für die unvermeidliche Digicam.
Erst auf den zweiten Blick stutzt man. Irgendetwas ist anders. Nur, was?
Erst beim genaueren Hinsehen kommt der Augenblick der Erkenntnis: die
Tastatur unterscheidet sich ganz gewaltig von dem, was man von
herkömmlichen Handys gewöhnt ist. Statt der typischen, dem Alphabet
folgenden Anordnung der Buchstaben in Dreier- und Vierergruppen prangt
hier eine halbierte QWERTZ-Tastatur mit doppelt belegten Tasten. Das
erinnert eher an PC und Schreibmaschine.
Damit Texte zu tippen erfordert zunächst etwas Eingewöhnung. Nach einer
kurzen Lernphase tippt es sich aber ganz locker und vor allem beidhändig
auf dem Mini-Tastenfeld. Das ist wichtig, schließlich sind Blackberrys
tragbare E-Mail-Terminals, die man nebenbei auch als Mobiltelefon nutzen
kann.
Beim Pearl hat sich dieser Fokus allerdings ein wenig in Richtung
Multimedia verschoben.
E-Mail, E-Mail, E-Mail
Doch dazu später. Im Zentrum steht nach wie vor der BlackBerry-typische
E-Mail-Empfang per Push-Dienst: Eingehende Nachrichten werden dabei von
einem Server automatisch auf den Pearl umgeleitet. Im Test landeten
meine Test-Mails stets binnen weniger Sekunden nach dem Abschicken auf
dem Gerät. Das war schon fast erschreckend schnell. Gut, dass per
Voreinstellung lediglich ein Blinklämpchen auf neue Post hinweist, wenn
man das will. Akustische Meldungen könnten bei erhöhtem Mail-Aufkommen
schon nach kurzer Zeit die Abschaltung des Geräts erzwingen.
Um in den Genuss des Push-Mail-Komforts zu kommen braucht man
glücklicherweise keinen eigenen BlackBerry-Server mehr. Stattdessen
nutzt man einen kommerziellen Anbieter wie T-Mobile oder Vodafone. Beide
bieten Blackberry-Mail an, T-Mobile ab 9,95 Euro, Vodafone ab 15 Euro
Monatsgebühr. Beiden Angeboten gemein ist ein Inklusivvolumen von 5 MB.
Laut Vodafone genug für rund 1500 (Anhang-lose) E-Mails. Wer sich noch
mehr Post - oder Spam - auf seinen Blackberry liefern lassen will, muss
entsprechend größere Datenvolumina hinzu buchen.
Bis zu zehn E-Mail-Accounts lassen sich mit dem Pearl abgleichen. Deren
Einrichtung nimmt man wahlweise per PC und Webbrowser oder direkt am
Blackberry vor. Ich entschied mich - konsequent mobil - für letzteres
und scheiterte kläglich. Ganz gleich was ich tat, der
Einrichtungsassistent identifizierte mehrere Konten stets falsch als
IMAP-Accounts. Erst nach viel herumprobieren und letztlich doch per
Webbrowser konnte ich den Assistenten überlisten und manuell die
korrekten Daten meiner POP-Server eingeben. Mag sein, dass dies ein
Einzelfall war, aber letztlich schien mir das System doch recht
störrisch, da es vehement versuchte, manuelle Eingriffe in die
Mail-Konfiguration zu unterbinden.
Ein bisschen Spaß muss sein
Da der Pearl vom Hersteller als "Prosumer"-Gerät bezeichnet wird,
beherrschen im Auslieferungszustand "ernsthafte" Anwendungen das Bild.
Neben Kalender und Adressbuch wirkt sogar die Möglichkeit, Sprachnotizen
zu versenden, schon fast sexy. Immerhin: gegen gelegentlich auftretende
Langeweile ist der Breakout-Clone "BrickBreaker" vorinstalliert.
Jetzt kommt's: Multimedia
Um dennoch als irgendwie unterhaltsam durchgehen zu können, haben die
Entwickler dem Pearl einen sehr vielseitigen Medien-Player, der
Klingeltöne, Fotos, Videos und Musik abspielen kann mitgegeben.
Erfreulicherweise gibt sich diese Software nicht allzu wählerisch und
verarbeitet Musik-Titel in allerlei MP3-, WAV- und AAC-Varianten.
Kopiergeschütze Tracks aus Online-Shops sind davon, wie so oft,
ausgenommen.
Wer mag kann, auf dem zwar sehr kontrast- und leuchtstarken, aber
dennoch kleinen Display Videos in den Formaten MPEG 4 (auch MPEG
4-kodierte DivX-Dateien) oder H.263 schauen. Filme aufnehmen hingegen
funktioniert nicht. Die integrierte 1,3 Megapixel-Kamera eignet sich
bestenfalls für schnelle Schnappschüsse. Zudem liegt sie vollkommen
ungeschützt auf der Rückseite. Wie viele andere Hersteller verzichtet
auch RIM darauf, die Linse durch eine Abdeckung vor Staub und Schmutz zu
verbergen.
Eine Perle ist dabei
Lobenswert dagegen die Lösung, die RIM für die Bedienung gefunden hat.
Der perlweiße Trackball, dem das Gerät seinen Namen verdankt,
funktioniert erstklassig. Verglichen mit den Wipptasten, die man von
anderen Geräten vielfach gewöhnt ist, ist es eine Wonne, sich damit
durch die Icons der Benutzeroberfläche zu hangeln. Die Navigation
erfreut mit kurzen Wegen. Kaum ein Menü ist tiefer als eine Ebene
verschachtelt.
Eine große Ausnahme bildet das "Optionen"-Menü. Dort scheinen die
Programmierer alles abgeladen zu haben, was nicht mehr in das grafische
Hauptmenü gequetscht werden konnte. Dafür finden sich dort auch
ungewöhnliche Funktionen, wie etwa eine Automatik, welche den Blackberry
zu festgelegten Tageszeiten ein- und ausschaltet.
In der Praxis wesentlich wichtiger ist allerdings der Airplane-Modus des
Pearl. Denn wer im Flugzeug seine E-Mails abarbeiten oder MP3-Musik
hören will, kann die Mobilfunk-Anbindung des Pearl per Knopfdruck
deaktivieren. Ein durchaus erklärungsbedürftiges Feature:
Flugbegleiterinnen und Mitreisende reagieren erfahrungsgemäß hektisch
bis genervt, wenn man während des Fluges an etwas herumfummelt, das
irgendwie wie ein Handy aussieht.
Für Windows-PCs und Macs
Am Boden hingegen lässt sich der Pearl, ebenso wie andere Blackberrys,
nur sinnvoll einsetzen, wenn er möglichst vielfältig vernetzt ist. Erst
wenn man Mails, Adressen und Termine mit den Daten auf einem Computer
abgleicht, laufen diese Geräte zu voller Form auf. Für PCs mit
Windows-Betriebssystem liefert der Hersteller Software zum Datenabgleich
mit Programmen wie Outlook oder Lotus Notes mit.
Videos, Fotos und Musik schaufelt ein "Medien-Manager" zwischen PC und
Smartphone hin- und her. Wer das Gerät darüber hinaus via iTunes mit
Musik versorgen will, kann dies mit dem kostenpflichtigen Tool
pearlTunes von Pocketmac tun. Allerdings nur unter Windows.
Ausgerechnet für Mac-Anwender gibt es keine Möglichkeit, Musik oder
Videos auf das Gerät zu kopieren. Dafür können sie sich direkt bei RIM
die kostenlose Software "Pocketmac Blackberry" herunterladen. Mit deren
Hilfe können Adressen, Termine und allerlei andere Daten auch mit einem
Mac vollkommen schmerzfrei synchronisiert werden. Seiner Hauptaufgabe,
Daten und E-Mails stets parat zu haben, wird der Pearl damit bestens
gerecht. Nur eben nicht im grauen Business-Anzug, wie seine Kollegen,
sondern eher im "kleinen Schwarzen" der Handy-Fraktion.